Vor unserer Abreise nach Saigon gab mir meine Schwiegermutter den wertvollen Tipp, ich sollte mir doch dort Kleider schneidern lassen. Hätte ihre Freundin Rica auch gerade gemacht. Super Idee, denn erfahrungsgemäß kann man in Asien zwar an jeder Ecke und für Nichts seine Klamotten waschen lassen, allerdings sind diese nach drei Waschgängen meist auch ruiniert – Farbe raus, Nähte gehen auf…
Mit zwei Hosen, drei Röcken und fünf Blusen im Gepäck reise ich in Saigon an. Auf die Frage, wie der Schneider den hieß, smst meine Schwiegermutter: Ho An oder so ähnlich. Sie hätte auch schreiben können: So einer mit schwarzen Haaren, wäre genauso hilfreich gewesen.
Die Suche nach meinem Schneider nimmt ihren Lauf: Die erste Seidenbluse für 30$ landet ohne Umwege im Müll. Falsche Farbe, viel zu glänzend, konnte ich vorher nicht erkennen. Bei Cocoon in An Phu kann ich mir die Stücke schon fertig ansehen, nur wollen sie mir 37 Euro für eine maßgeschneiderte Leinenhose abnehmen – bei Zara bekomme ich die für 30 Euro.
Ich ziehe zum Binh Tay Market, um Stoffe zu kaufen. Dort werde ich vom Angebot erschlagen: Gut 30 Stände bieten je rund 1000 Stoffe an, alle „same, same, but different“ – und vor allem blumig. Eine Wolke von getrockneten Shrimps, die wenige Meter weiter verkauft werden, und gedämpften Reis zieht an mir vorbei. Irgendwo im Gewühl finde ich einen Stand mit schlichtem Leinen und Baumwolle. Da ich zu diesem Zeitpunkt davon ausgehe, nur noch vier Wochen in Vietnam zu sein, tätige ich einen Großeinkauf, dass mir die Verkäufer die Tüten nach Hause schleppen müssen.
Binh Tay Markt: Vorne Stoff, hinten Shrimps |
Blümchen oder Punkte: Vor allem Farbe |
Nun brauche ich noch einen Schneider. T&T Taylor in An Phu wollen bescheidene 8 Euro, um meine Hosen zu kopieren. Um das zu herauszubekommen, habe ich allerdings auch eine halbe Stunde gebraucht, hoffentlich können sie besser nähen als Englisch sprechen. Coccon will 16 Euro pro Hose, wir einigen uns auf 12 Euro – 4 Euro Übersetzungsgebühr. Eine Woche später ist unsere Kollektion – rund 20 Teile für Christian und mich – fertig. Das Ergebnis ist durchwachsen. Meine Blümchenbluse sieht aus wie ein Putzkittel (nie wieder Blümchen!), mein Jeanskleid endet knapp unter meinem Po („same, same, but more beautiful“, erklärt die Schneiderin), Christians Leinenbluse ist aus so schwerem Stoff, dass man daraus lieber einen (vietnamesischen) Wintermantel schneidern hätte sollen. Die Hälfte der Kleider wird vermutlich ungetragen in der Altkleidersammlung landen. „Weißt du, mit dem Schneidern ist es vielleicht so wie mit dem asiatischen Kochen“, sagt mein Mann, leidgeprüft aus eigener Erfahrung. „Es dauert eine Weile, bis man es heraus hat….“