Heute morgen bin ich mit einem fürchterlichen Kater auf gewacht. Ich will NIE WIEDER shoppen. NIE WIEDER!!! Ich schwöre.
Shoppen ist in An Phu großer Sport: Wir Ex-Pat-Frauen haben nicht so fürchterlich viel zu tun, außer uns selbst, unsere Kinder und Männer einzukleiden und das Haus zu dekorieren. Die meisten Sachen sind zudem so günstig, dass man nicht lange überlegen muss, ob man es sich leisten kann oder nicht. Unter den Ex-Pat-Frauen herrscht daher ein regelrechter Wettbewerb, wer, wo die ausgefallensten Sachen gefunden hat. Die Frage, wie man die Krempel von Bali, Shenhzen oder Singapur wieder nach HCMC bekommt, spielt dabei eine nicht unerhebliche Rolle.
Meine Freundin Anna lebt seit 10 Jahren in Asien und ist meine erklärte Shopping-Queen. Sie kennt alle Tricks. Gestern bin ich mit ihr und Braden, einer New Yorker Journalistin, nach Phnom Penh gefahren – zum Shoppen. Zum Power-Shoppen, wie sich herausstellte. Morgens um 6 Uhr treffen wir uns am An Phu Supermarkt, Mr. Chau (Annas Fahrer) bringt uns an die Grenze. Gemeinsam mit 500 vietnamesischen Touristen drängen wir uns zu Fuß über durch den Zoll. In Bavet, auf der kambodschanischen Seite wartet lächelnd unser kambodschanischer Fahrer auf uns, der uns nach Phnom Penh bringen soll. Wir setzen mit der Fähre über, als Snack werden dort gegrillte Käfer mit Chilli gereicht. Ich lehne dankend ab. Die Fahrt geht weiter, vor mir werden tote Schweine auf Motorrädern transportiert. Sonst ist hier absolut nichts los.
Morgens um halb acht an der vietnamesisch-kombodschanischen Grenze |
Die Autobahn nach Phnom Penh |
Gegen Mittag erreichen wir Phnom Penh, die Straßen sind dort zwar mittlerweile asphaltiert, doch ich sehe in der ganzen Stadt nur eine Ampel. Es fahren mehr Tuk Tuks und Fahrräder auf den Straßen als Autos. Fünf Hochhäuser entdecke ich, sonst nur zwei- oder dreistöckige Häuser. Hier ist das Ende der Welt. Wir treffen Claire. Sie ist der eigentliche Grund unserer Reise. Claire lebt in KL (Kuala Lumpur), wo man übrigens auch hervorragend shoppen kann. Claire verdient ihren Lebensunterhalt damit, Clutches aus Kimono Seide in Kambodscha zu produzieren und die an wohlhabende Expats zu verticken. Mittlerweile tragen auch die ersten Fashionistas ihre Clutches, so auch BBC-Ankorwomen Michelle Hussein. Anna will die Clutches nun in HCMC vertreiben, daher die Reise nach PP.
Verkehrschaos in Phnom Penh |
Claire wartet in Hotel Nr. 9 in der Street Nr. 9 auf uns. Auf dem Bett des kleinen Zimmers ohne Tageslicht liegen etwa 100 Handtaschen, 200 weitere sind auf dem Boden verteilt. Anna und Braden stürzen sich auf die Clutches. In Windeseile hat Anna die 200 schönsten für ihren Sale gebunkert, Braden hat neun Taschen für ihre gesamte Verwandschaft in New York gekauft, ich bin zu langsam und stehe bedröppelt daneben. Als Anna vor ein paar Tagen erzählte, sie müsse ein paar Taschen in PP abholen, hatte ich ein anderes Bild vor Augen. Schließlich finde aber auch ich das ein oder andere Täschle.
Clutches aus Kimono Seide |
Wir müssen weiter, Street 214. Zielsicher steuert Anna auf die schickste Boutique zu. Ein Albtraum für mich: Hier gibt es wirklich die allerschönsten Patchworkdecken und –kissen für wenig Geld, nur werde ich diese nie nach Deutschland bekommen. Ich könnte heulen!! Um mich zu trösten, nehme ich noch schnell ein Kleidchen und eine Kette mit (Anna hat übrigens in der Zwischenzeit mit sicherem Griff den schicksten Hosenanzug abgegriffen). Nun haben wir noch 20 Minuten für den Russian Market. Während ich zu völlig überteuerten Preisen kambodschanische Seide kaufe, hat Anna für wenig Geld wunderschöne Tiermasken zum Schnäppchenpreis für das Kinderzimmer gekauft. Ich breche zusammen, die Auswahl ist einfach zu überweltigend, die Zeit zu knapp und außerdem habe ich ohnehin schon viel zu viel Geld ausgegeben….
Der Russian Market |
Wieder im Tuk Tuk geben mir Braden und Anna noch wertvolle Tipps, wo ich am besten Table Ware bekomme (Luang Prabang) und Tiermasken (Chinatown HCMC) schreckt Anna auf: „Shit! The border closes at 8 pm!“. Das war um 16.50 Uhr, wir brauchen drei Stunden zur Grenze. In Windeseile raffen wir unseren Krempel zusammen, verstauen ihn im Kofferraum, das dieser kaum noch zu geht, und brausen los. Ich sehe uns schon die Nacht in Bavet verbringen, wo außer drei Kasinos und einigen schlechten Hotels absolut nichts gibt… Um 19.52 Uhr setzt uns der Fahrer in Bavet aus, wir laufen rennen, besser gesagt, wir wanken und stolpern im Dunklen Richtung Vietnam, los, jeder mit drei übergroßen Reisetaschen unter dem Arm. So muss es auf der Flucht gewesen sein. Rund 300 Clutches schmuggeln wir nach Vietnam, aber die Grenzbeamten interessiert das nicht. Um 19.58 Uhr erreichen wir den Grenzposten. Mr. Chau wartet schon auf der anderen Seite auf uns. Völlig erschöpft falle ich auf den Autositz. Mir ist ganz schwindelig. Ich will NIE WIEDER shoppen müssen…
In letzter Sekunde über die Grenze |
Am nächsten Morgen öffne ich meine Mailbox: Noch auf der Fahrt nach HCMC hat mir Anna eine Einladung zu einem Home Decor Sale weitergeleitet – by Appointment only! Ich melde mich an, gucken kann ich ja nichts schaden…