Kindergeburtstag in der Spielhölle

Heute Nachmittag war ich in der Hölle. Wir waren wieder einmal zum Kindergeburtstag eingeladen, die Jungs und ich. Nun würden die meisten vermutlich unterschreiben, drei (vietnamesische) Kindergeburtstage in einer Woche sind an sich die Hölle – diese Party fand aber zudem in einer Spielhölle für Kinder statt.

Spielhölle für die Kleine

Auf mehreren Hundertquadratmetern befinden sich im zweiten Kellergeschoss (!) des Vincomcenters die World Games (meine Freundin Ulrika hatte am Telefon immer „War Games“ verstanden, was den Kern besser trifft). Es gibt alles, was das Kinderherz begehrt: Eine vergoldete Cinderellakutsche, einen fliegenden Teppich, auf beiden kann man reiten, ein Flugzeugkarussell, eine Eisenbahn, Computerspiele, bei denen man Pinguine mit Wasserpistolen abschießen oder Frösche mit einem Hammer erschlagen kann, nur um ein paar Highlights zu erwähnen. Das ganze findet bei einem unerträglichen Lärmpegel statt. Außerdem blinkt und blitzt es aus allen Ecken, und dass meine Augen brennen, liegt sicherlich nicht an meiner Bindehautentzündung.

Die Jungs am Abzug

Lucas 3. (!) Geburtstag findet in der Kleinkinderzone statt: Dort gibt es lediglich ein paar Trampoline, Rennautos, ein Klettergerüst und ein einige Computerspiele. Ein lebensgroßer Winnie Pooh läuft herum und jagt den Kindern einen Schrecken ein. Leider habe ich meinen Akku schon leer geschossen bevor die Party erst richtig losgeht: Vor einem Billboard, auf dem der kleine Luca einen roten Lightening McQueen fährt, mit der Aufschrift „Happy Birthday, Luca!“, versammeln sich ca. 30 Kinder und 20 Erwachsene.

Luca fährt McQueen

Lucas Eltern schmettern „Happy Birthday, Feliz Cumpleano und Zum Geburtstag viel Glück!“ (Lucas Vater ist deutscher, seine Mutter Mexikanerin) ins Microfon, wir singen lautstark mit. Kellner servieren Geburtstagstorte, Pommes und Chicken McNuggets für alle, aus einer Pinata (eine Pappmachetrommel, die mit einem Stock zerschlagen werden muss) fallen mehr Süßigkeiten und Spielzeugautos heraus als ich mir vorstellen konnte. Meine unverschämten Kinder stopfen sich die Taschen ihrer Schuluniformen voll, auf dem Weg zum Taxiboot ruft Caspar verzweifelt: „Meine Hoste rutscht!“ Erschöpft, glücklich, mit Lollies und Schokolade vollgeschmiert fallen wir ins Boot!

Mein heimlicher Geburtstagsfavorit war allerdings die Prinzessinnen-Party, auf der wir am Samstag waren. Die Stimmung war nicht ganz so ausgelassen, was auch daran lag, dass wir bei 40 Grad unter einen Plastikplane versammelt waren, wo es gefühlt noch einmal 20 Grad heißer war.

Nicht zu erkennen: Alle sind schweißgebadet

Und dann wird mein heimlicher Traum in Pink war: Für Amelies 5. Geburtstag ist alles in rosa dekoriert, die Mädchen bekommen kleine Kronen und können sich von einer Truppe philippinischer Entertainer die Nägel lackieren lassen, sich als Prinzessin oder Fee schminken lassen und auf einem Pony durchs Riverside reiten (was ich im Übrigen ziemlich großartig von meiner tschechischen Freundin Zdenka finde, einfach mal ein Pony für einen Kindergeburtstag ins Riverside einreiten zu lassen). Ich finde es einfach herrlich und erwäge, zu meinem 40. Geburtstag ebenfalls eine Prinzessinenparty zu machen!

Traum in Pink: Fünf philippinische Entertainer machen ihn war

Die Jungs sind unterdessen etwas irritiert: „Gibt es hier auch Becher für Jungs“, fragt Caspar und hält mir vorwurfsvoll einen rosaroten Schneewittchen Becher entgegen. Als es später jedoch Cars-Give-Away-Tütchen gibt, sind die Jungs wieder versöhnt.

Unser jüngster reitet durch das Riverside

Dagegen war Augusts 5. Geburtstag eine ziemlich müde Veranstaltung. August hatte sich geweigert, seinen Geburtstag auf die vietnamesische Art zu feiern, sprich die ganze Klasse samt Familien einzuladen (seine Unbestechlichkeit beeindruckt mich). Lediglich einen Balloon Twister wünscht er sich, mit den Worten „Das macht man hier ja so!“. Eingeladen sin sein Freund Adrien und Carolin, ich schmuggele heimlich noch ein paar Freundinnen ein, damit ich nicht ganz allein im Snap-Cafe sitze. Ein etwas abgehalfterter Balloontwister, namens Mr. Binh, führt müde seine Ballontricks vor. Die Kinder stört das aber nicht: Mr. Binh hat ca. 300 Baloons im Gepäck, die nun auf die fünf Kinder verteilt werden müssen. Innerhalb weniger Minuten versinken wir in einem Meer aus getwisteten Hubschraubern, Flugzeugen und Maschinengewehren. 
Mr. Binh führt seine Kunsstücke vor

Vor mir wird ein mittelgroßes Buffet aufgebaut, obwohl ich nur einen „Nibbles Plater – serves 4“ bestellt hatte. Die Geburtstagstorte aus Eiscreme passt kaum noch auf den Tisch.

Nur ein paar Kleinigkeiten für die Gäste…
August wird diesen Tag unterdessen als den Geburtstag mit den „geilsten“ Geschenken erinnern. Da „echtes“ Spielzeug hier wahnsinnig teuer ist und wir ohnehin nicht wissen, wie wir unser ganzes Zeug wieder nach Deutschland bringen, beschränken wir uns auf allerhand Schrottspielzeug Made in Vietnam: Ein Transformer, der sich in einen Roboter und vier Autos umbauen lässt, ein Lego-Ninja, ein Finn McMissle, der hupt und blinkt, einen ferngesteuerten Hubschrauber von der Kita. Absolutes Highlicht ist ein ferngesteuertes Auto, dessen Reifen rot und blau blinken. Mit diesen spielen die Kinder noch glücklich im Snap Cafe bis es dunkel wird.
Am nächsten Morgen ist die Hälfte der Geschenke Made in Vietnam schon kaputt: Nikolaus hat die Fernbedinung im Taxi liegen lassen, Finn McMissle ist auseinander gefallen, nur noch die Autoplattform fährt blinkend und hupend vor sich hin. Macht nichts, August war glücklich für einen Tag.
Glücklich und tapfer: Das Geburtstagskind