Auf nach Saigon

Drei Wochen später, am 1. März, geht es los. Ich ziehe meine „Packliste Strandferien Tropen“ aus der Schublade, arbeite diese mechanisch ab: Pro Kind sieben T-Shirts und vier Shorts – „nur keine Pullis!!!“ steht dort rot hervorgehoben. Unvorstellbar nach dem langen Winter…….
Wir packen noch 20 deutsche Bücher in den Koffer und – auf besonderen Rat meiner Schwiegermutter – einige Kleider, die ich in Vietnam nachschneidern lassen will. Tatsächlich kommen wir auf nur drei Reisetaschen für unsere fünfköpfige Familie. Unsere Nachbarin Rike macht ein letztes Nudelessen für die Kinder, große Verabschiedung, und dann geht es los!

Prompt bleiben wir im Freitagnachmittagsverkehr stecken, mir ist schlecht vor Aufregung, es ist einfach schon zu oft vorgekommen, dass irgendjemand in dieser Familie seinen Pass vergessen hat, dieser abgelaufen ist, wir einen falschen Flug gebucht haben oder – ganz gemein – die Flugzeiten geändert wurden, ohne dass wir es mitbekommen haben. Aber irgendwie schaffen wir es diesmal. Am Abflugsschalter wartet Großvater Albrecht mit einer riesengroßen Einkaufstüte voller Schokoladeneier und -osterhasen für das bevorstehende Osterfest, auch Keramikhühner sind dabei. Das passt zwar nicht in mein „Travel-Light-Concept“, freut uns aber sehr. Und so reisen noch sechs Schokohasen und vier Keramikhühner mit uns nach Vietnam.

Unser zweieinhalbjähriger Nikolaus ist mächtig stolz, dass er mit seinen großen Brüdern (vier und sechs) in einer Liga spielt. Mit ihren Kapuzenpullis und kleinen Rucksäcken sehen sie aus wie drei kampfbereite Ninja Turtles. Die Jungs laufen die Gänge entlang, verschwinden durch Drehtüren, toben die Rolltreppen rauf und runter, dass mir ganz schwindelig wird. Fliegen ist einfach noch ein großes Abenteuer! Der Boardcomputer wird inspiziert, die Kopfhörer aufgesetzt, der Essen verschlungen. „Das ist der schönste Flug meines Lebens“, sagt Caspar glücklich.

Visa bei der Ankunft in Saigon

Übernächtigt kommen wir Samstagmittag in Saigon an. Eine schwüle Hitze schlägt uns entgegen. Wir sind viel zu warm angezogen – trotz Tropenpackliste. Mir fällt meine Ankunft in Saigon vor 13 Jahren ein: hunderte Vietnamesen radelten mir damals entgegen. Heute schieben sich Mopeds und Taxis um den Kreisverkehr, kein einziges Rad weit und breit.

Völlig verstrahlt verbringen wir unser erstes Wochenende in Saigon, überwiegend am Hotelpool, wo nebenan ein Hahn kräht und ein modriger Abwassergeruch herüber weht.

Das Somerset auf der Nguyen Binh Khiem Street – unser neues Zuhause. Wir wohnen in einem Dreizimmer-Appartment im dritten Stock auf der linken Seite. 

Spät am ersten Abend fahre ich mit dem Taxi zum nächsten Supermarkt, um einen Schnuller für Nikolaus zu kaufen. Doch offenbar benutzen vietnamesische Kinder keine Schnuller! Nach langem Suchen finde ich schließlich einen Nuckel, der allerdings nur für Kinder bis sechs Monate ist, außerdem sieht er aus wie ein Beißring. Ich befürchte das Schlimmste, doch auch Nikolaus ist ebenfalls völlig übernächtigt und daher willenlos. Caspar und August sind hingegen bis spät in die Nach putzmunter. „Warum seid ihr eigentlich müde“, fragt Caspar verständnislos.