Mein Leben auf zwei Quadratkilometern

Mein Leben findet auf 2 Quadratkilometern statt. Das ist insofern bemerkenswert, als dass ich auf meinen Dienstreise in diverse asiatische Städte täglich mehrere Stunden im Taxi verbracht habe, meist im Stau stehend, um von einem Stadtteil in den nächsten zu kommen.

Auf dem Weg in die Kita

Nicht so in Ho Chi Minh, oder vielmehr in An Phu, wo wir leben. Gut morgens stehen wir tatsächlich ein paar Minuten im Stau, auf dem Weg in den Kindergarten. Neben unserem Riverside ist eine weitere internationale Schule, und da die meisten Kinder mit dem Fahrer vorgefahren werden, stehen wir zunächst auf der Stelle.

Erster Stopp: German International School

Nachdem ich meine Jungs in der Kita abgeworfen habe, schlendere ich 800 Metern zu meinem Lieblingscafe, dem Mekong Merchant. Auf diesen 800 Metern liegt alles, was wir zum täglichen Leben brauchen: Zunächst komme ich vorbei am Annam Gourmet Market, einem kleinen Delikatesslädchen, wo es alles gibt, was das Expatherz begehrt: Käse, Wein, Schinken – zu europäischen Preise versteht sich. Es geht vorbei an der Bäckeri Voelkl, der vietnamesischen Bäckerei, wo es herrliche Croissants und gigantische Geburtstagstorten gibt. Dann kommt Little An Nehm („Kleine Schwester“), der Kleiderausstatter meiner Kinder: Djalabas, T-Shirts, Hosen, (fast) alles kommt von dort.

Rechts abbiegen zum Mekong Merchant
Dann kommt der Annan Gourmet Shop

 Den An Phu Supermarkt lasse ich wortwörtlich links liegen. Während ich in den ersten Wochen noch selbst eingekauft habe, überlasse ich dies nun Frau Tram – ich war es irgendwann leid, dass nie das gab, was ich brauchte. Und spätestens seit dem Tag, als die Gefriertruhe kaputt war, die Tiefkühlware im Milchfach gestappelt war und mir tagsdarauf, als ich Creme Fraiche gekauft habe, diese mit den Worten übergeben wurde: „Heben Sie den Kassenzettel auf. Falls die Creme Fraiche schlecht ist, können Sie sie umtauschen“, ist mein Vertrauen geschwunden.

Und der An Phu Supermarket

Den Citibank-Automaten, gleich neben dem Supermarkt, würde ich auch gerne links liegen lassen, allein schon wegen der unverschämten Gebühren; geht aber nicht, da man hier die allermeisten Dinge bar bezahlen muss. Leider kommt es nur zu oft vor, dass die Scheine alle sind, und ich unverrichteter Dinge von dannen ziehen muss. Und so stoppe ich täglich am Geldautomaten, in der Hoffnung, etwas Kohle zu bekommen. Fühlt sich ein bisschen so an, wie kurz vor einem Bank Run.

Montags gibt es kein Geld

Auf der rechten Seite kommt dann mein Schneider, T&T Schneider. Mr. T (oder seine Frau) betreiben morgens vor ihrer Werkstätte ein kleines Straßenrestaurant. Mr. T und seine Frau grillen Schweinekotletts, ein Ventilator bläst den Qualm direkt in die Werkstatt, was erklärt, warum meine geschneiderten Klamotten nach kaltem Rauch stinken.

Morgens ist meine Schneiderei ein Restaurant 

Es geht weiter vorbei an dem Blumenladen, wo mich die Besitzerin freundlich grüßt (ich habe noch nicht herausgefunden, ob sie mich tatsächlich kennt, oder nur jede „Madame“ grüßt) und fragt, ob ich heute Blumen brauche. Meistens kaufe ich weiße Lilien, 5 Stück für 3,70 Euro, in der Stadt kosten sie vermutlich nur die Hälfte.

„Hello Madame“
Mekong Merchant – mein zweites Zuhause

Mein Frühstück: Eggs Benedict


Nach 600 Metern bin ich dann im Mekong Merchant, wo mir nacheinander zwei Cafe Latte sowie Eiswasser hingestellt wird, ohne dass ich noch danach fragen muss. Wenn ich meine Zeitungen gelesen, Emails beantwortet und die ein oder andere Geschichte aufgeschrieben habe gehe ich zum Pilates, einmal rechts abbiegen, dann 200 Metern bin ich bei David, meinem schwedischen Pilateslehrer. Das klingt vielleicht spannender als er ist. David ist ein netter Kerl, ein sehr guter Pilateslehrer, und ist ansonsten ein recht trockener Typ. Wahlweise soll ich mir während den Übungen vorstelle, dass ich einen Kühlschrank oder eine Mikrowelle zwischen meinen Beinen halte oder mit meinen Unterschenkeln eine Kokusnuss zerquetsche. Neulich sollte ich mir vorstellen, dass ich mitmeinem Rücken einen 1000-Dollarschein aufhebe. Das hat mich völlig aus dem Konzept gebracht, am liebsten hätte ich ihn angeschrien: „Es gibt keinen 1000-Dollarschein!!“ Sei´s drum, die ersten Erfolge sind jedenfalls sichtbar.

Wenig glamourös: Mein Pilatesstudio


Dann ist es auch schon wieder Zeit, die Kinder abzuholen (an manchen Tage schiebe ich noch einen kleinen Einkaufsbummerl zwischen Cafe und Pilates), nicht jedoch ohne vorher im „Hue Corner“ Frühlingsrollen mit Nudeln gegessen zu haben. Es geht wieder zurück ins Riverside, wo wir den Rest des Nachmittags schwimmen, Radfahren oder Tennis spielen. Abends laufen die Kinder zum Taxiboot, um Christian abzuholen, wir essen zu Abend, sehen vielleicht noch eine Folge „Breaking Bad“ zusammen. Und morgen geht es genauso weiter.

Nachmittags im Riverside: Fußball oder…

 Tennis…

oder Dreirad….
oder Picknick.

Und manchmal ein Ausflug mit dem Motorboot